Koalition

Zweifel am Klimageld

4 Minuten

Vor allem Reiche kaufen sich ein E-Auto.

Reuters

Eigentlich war es schon seit Wochen klar, dass die Ampelkoalition vor der nächsten Bundestagswahl kein Klimageld mehr auszahlen würde. Im November hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die Bundesregierung weniger Schulden machen darf als geplant – und so viel wurde schnell klar: Nach dem Sparpaket der Bundesregierung waren immer noch so viele Ausgaben übrig, dass es für ein Klimageld nicht reichen würde.

Als Finanzminister Christian Lindner das Anfang der Woche sagte, war die Aufregung groß. Denn das Klimageld ist die große Hoffnung der Klimaschützer, einen CO2-Preis sozialverträglich zu machen. Die Idee geht so: Damit die Menschen weniger CO2 in die Atmosphäre pusten, muss aller Ausstoß des Klimagases auf die eine oder andere Weise bezahlt werden – sei es auf dem Weg einer CO2-Steuer oder auf dem Weg eines Emissionshandels, wie er für Strom und Flüge innerhalb der Europäischen Union schon gilt. Das aber ist schlecht für arme Menschen. Also gibt die Regierung das eingenommene Geld zurück, und zwar als Pauschalbetrag pro Kopf. Weil reiche Leute mehr CO2 ausstoßen als arme, ist das ein schlechtes Geschäft für die Reichen, und weil der Ausstoß von CO2 teurer wird, entscheiden sich trotzdem immer mehr Leute für die vergleichsweise billigeren klimafreundlichen Alternativen. Immerhin ist schon das eine oder andere Kohlekraftwerk außer Betrieb gegangen, weil der bestehende CO2-Preis den Betrieb so verteuert hat, dass sich die Kraftwerke nicht gerechnet haben.

Einnahme aus CO2-Preisen bereits verplant 

Technisch dauert es noch einige Monate, bis so ein Klimageld wirklich ausgezahlt werden könnte. Doch die Bundesregierung hat alle Einnahmen aus den CO2-Preisen schon anderweitig verplant, zum Beispiel für den Wegfall der EEG-Umlage, für Wärmepumpen-Subventionen oder für Subventionen an den Chiphersteller Intel. Aus der FDP kommen schon Vorschläge, die Intel-Subventionen zu streichen. Der Koalitionsvertrag hatte andererseits sowieso nie vorgesehen, dass das Klimageld noch vor der Bundestagswahl tatsächlich kommt. Im Moment sind die CO2-Preise noch so niedrig, dass sich das Klimageld kaum lohnt.

Eine neue Studie allerdings zieht in Zweifel, ob das wirklich so schlimm ist. Moritz Kuhn von der Universität Mannheim und Lennard Schlattmann von der Universität Bonn haben sich die Ausgaben der Deutschen ganz genau angesehen und die Wirkung verschiedener Klimaschutzideen untersucht – und sie finden Bestätigung für einen Argwohn: „Vom CO2-Preis kaufen sich die Reichen doch sowieso frei!“ Anders gesagt: Falls ein CO2-Preis eingeführt wird, wären es tatsächlich die einkommensstarken Haushalte, die zuerst auf Elektroautos oder Wärmepumpen umsteigen und sich so bald den CO2-Preis sparen. Trotzdem würden die Armen profitieren, aber weil sie sich die klimaschonende Technik noch lange nicht leisten, käme der Klimaschutz nur relativ langsam voran – so ermitteln es die beiden Ökonomen.

Also stattdessen Subventionen für klimaschonende Techniken? Die wären wirksamer, rechnen die Ökonomen vor. Allerdings nützen sie besonders reichen Menschen, weil die klimaschonende Techniken eher kaufen (so wie es bei der Elektroauto-Subvention lief). Freundlich zum Klima und zu den Armen wäre nur eine Lösung: Subventionen für klimaschonende Technologien, die durch eine Steuererhöhung finanziert werden. Um 0,6 Prozentpunkte müssten die Steuern für niedrige Einkommen steigen, um 1,9 Prozentpunkte für höhere – das wäre die Größenordnung des Solidaritätszuschlags. Von dieser Idee würden so viele Menschen profitieren, dass auch eine demokratische Mehrheit dafür vorstellbar wäre – ebenso wie für das Klimageld (das allerdings in Umfragen meistens erst nach langer Erklärung Akzeptanz findet).

Offene Fragen

Bleiben zwei Fragen: Erstens – vergibt sich die Bundesregierung nicht viel Akzeptanz für die Härten des Klimaschutzes, wenn sie auf eine monatliche oder jährliche Auszahlung eines Klimabonus verzichtet? Und zweitens – wer soll die Subventionen bekommen? Am Leibniz-Institut RWI hat der Ökonom Colin Vance gerade erst ausgerechnet, dass die Subventionen für Elektroautos viel zu teuer waren: Jede eingesparte Tonne CO2 kostete 1000 Euro, zehnmal so viel wie an anderen Stellen. Auch wenn Vance zu anderen Ergebnissen kommt, hält er die Arbeit zum CO2-Preis für solide. Inzwischen ist die Elektroauto-Subvention – auch aus Geldmangel – wieder abgeschafft, aber sie zeigt, dass Regierungen nicht immer den günstigsten Weg zum Klimaschutz finden, das könnten die Bürger selbst vielleicht besser.

Ifo-Präsident Clemens Fuest spricht sich schon länger dafür aus, zwar einen CO2-Preis zu erheben, aber kein Klimageld auszuzahlen, sondern stattdessen das Bürgergeld zu erhöhen und die Einkommensteuer zu senken. Aber dann stellt sich wieder die Frage nach der Wirksamkeit des CO2-Preises. Offenbar bleibt noch einiges zu besprechen und zu erforschen. Aber jetzt ist ja wieder Zeit.

Quelle: F.A.S. Artikelrechte erwerben
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