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17.03.2023 | Aktie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mieses Aktionärsimage senkt Interesse an Wertpapieren

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

3 Min. Lesedauer

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Seit der Corona-Pandemie interessieren sich zwar deutlich mehr Verbraucher für das Thema Börse als vor fünf oder zehn Jahren. Doch das Image des habgierigen Aktionärs führt noch immer bei vielen Menschen zur Ablehnung dieser Anlageform, zeigt eine Untersuchung. Mehr Finanzbildung tut daher not.

"Bis zum heutigen Tag bleiben die Anteile der privaten Haushalte an den Aktienmärkten und Firmenbeteiligungen begrenzt, da diese offensichtlich als zu risikoreich und intransparent angesehen werden", schreibt Ayad Al-Ani im Buchkapitel "Die Organisation von Individualität" auf Seite 46. Der Mechanismus hinter dem offensichtlichen Desinteresse belegt der Springer-Autor mit dem Beispiel Großbritanniens: "Zwar wurde durch die umfangreichen Privatisierungen in der Thatcher-Ära zunächst der Anteil der Aktionäre gesteigert, die meisten Aktien wurden dann aber von institutionellen Anlegern aufgekauft." Der parteiübergreifende Konsens zur Privatisierung habe nicht zu einer industriellen Demokratie geführt, "weil die Volumina der von den Arbeitnehmern gehaltenen Aktien zu gering und die Aktionäre zu passiv waren" und diese eher direkte Ausschüttungen und Boni favorisierten.

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Aktionäre haben Zocker-Image

Nun hat sich das Exzellenzcluster Econtribute Markets & Public Policy, eine gemeinsame Initiative der Kölner und der Bonner Universitäten, mit dem Thema Aktienanlage befasst. Der Untersuchung zufolge beurteilen 80 Prozent der dafür befragten Teilnehmer Menschen, die in Aktien investieren, als egoistische und gierige Zocker-Persönlichkeiten. "Welche Meinung Menschen von Aktienbesitzerinnen und -besitzern haben, ist wichtig dafür, ob jemand selbst in Aktien investiert", sagt Studienautor Luca Henkel von der Universität Bonn.

Gemeinsam mit Christian Zimpelmann vom IZA Institute of Labor Economics Bonn befragte er 4.700 Personen aus den Niederlanden und den USA, was sie über Menschen denken, die an der Börse aktiv beziehungsweise nicht aktiv sind. Auf einer Skala von eins bis zehn konnten die Befragten angeben, wie stark sie der jeweiligen Gruppe Charaktereigenschaften wie Egoismus und Habgier zuordnen. Im zweiten Schritt zeigten die Forscher mithilfe von Experimenten, dass sich diese Ansichten kausal auf eigene Investitionsentscheidungen auswirken: Je negativer die Teilnehmer Aktienbesitzer einschätzen, desto weniger investierten sie selbst in Wertpapiere.

"Das negative Bild trägt zur geringen Beteiligung am Aktienmarkt bei", schlussfolgert Henkel. In Deutschland legen weniger als 30 Prozent der Menschen Geld in Aktien an. Dabei treffe der genannte Stereotyp nur auf eine kleine Gruppe von Anlegern zu. Dies könne dazu führen, dass die Entscheidung, nicht an der Börse zu investieren, ein wichtiger Teil der Identität von Menschen wird.  "So gaben etwa 40 Prozent der Befragten an, stolz darauf zu sein, keine Aktien zu besitzen."

Bildung und Information für mehr Interesse an der Börse

Zwar ist die deutsche Aktienkultur im internationalen Vergleich unterrepräsentiert, "jedoch entwickelt sich bei jungen Verbrauchern aktuell eine Aktienaffinität", schreibt Philippe Krahnhof im Buchkapitel "Empirische Untersuchung zu Robo-Advice" (Seite 127). Dies werde durch das Wachstum der Neobroker deutlich. "Die Pandemie hat vorrangig das Bewusstsein und die Akzeptanz digitaler Finanzprodukte erhöhen können", so der Springer-Autor. 

Insgesamt waren im vergangenen Jahr 12,9 Millionen Menschen in Aktien, Aktienfonds oder ETFs investiert, zählte das Deutsche Aktieninstitut (DAI) für 2022. Das ist ein Plus von rund 830.000 Aktienanleger. "Jeder Fünfte war am Aktienmarkt engagiert, also rund 18,3 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Der bisherige Höchststand des Jahres 2001 wird damit übertroffen."  

Der Bonner Forscher Henkel setzt sich für mehr Aufklärung und Bildung ein, etwa in Form von Schulunterricht zum Thema Finanzen oder öffentlichen Informationskampagnen. Das soll mehr Menschen dazu bewegen, sich mit dem Aktienmarkt zu beschäftigen. 

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